Soul Kitchen

Ja, Soul Kitchen, Hm. Guder Film, Alder.



Ich mag Fatih Akin. Und ich wohne gerne in Hamburch. Wenn also Fatih Akin einen exemplarischen Hamburg-Film macht, dann muss mir das gefallen, nech? Gefällt mir ja auch.
Weil nämlich "Soul Kitchen" ganz grundsympathische Schauspieler zeigt: Adam Bousdoukos als unglaublich Netter, Anna Bederke als unglaublich Coole, Dorka Gryllus als unglaublich Erotische, Pheline Roggan als unglaublich Julie-Delpy-hafte Hübsche. Aber nicht nur das: Selbst Moritz Bleibtreus notorisches Overacting stört nicht, selbst die ständig brünstig fiepende Soulmusik lässt man durchgehen, selbst das ununterbrochene Auftreten deutscher Serienstars in minimalsten Nebenrollen ist kein Problem sondern ein netter Cameo-Spleen. Außerdem macht Akin nicht den Fehler, den Regisseure oft machen, wenn sie an Orten drehen, an denen ich mich auskenne, und ignoriert geographische Grenzen: Was bei ihm an einem Ort spielt, kann nur dort und nicht woanders spielen, und wenn Bousdoukos in einer Wohnung im Gängeviertel wichst, dann steht die Putzfrau gegenüber im Unilever-Hochhaus und nirgendwo sonst.

Also alles gut?

Fast. Weil Akin bei aller Sympathie für seine Figuren jede irgendwie interessante Geschichte aus den Augen verloren hat. Alles ist ganz grauenhaft vorhersehbar: dass die Hafenkneipe "Soul Kitchen" zum Place to be mutieren wird, dass unsere Helden ihre Kneipe irgendwann verlieren werden, dass sie sie am Ende wieder bekommen. Wie langweilig. Was noch in Ordnung ginge, wäre diese Geschichte wenigstens durch irgendwelche guten Einfälle aufgepeppt. Wobei die Einfälle sich aber auf solche Kracher beschränken wie die, dass der Protagonist auf einer Familienfeier im Edelrestaurant rumprollt, wie die, dass jemand bei einer Beerdigung beinahe ins offene Grab stürzt, wie die, dass der Koche eine Schippe Aphrodisiaka in den Nachtisch schaufelt. Bei dem, was letzterer Szene folgt, mag man übrigens gar nicht daran denken, was dieser Regisseur einst für Bilder gefunden hat, um von Sexualität zu erzählen - von zurückhaltend ("Auf der anderen Seite") bis drastisch ("Gegen die Wand"). Hier: ödes Gerammel in Unterwäsche.

Nö, "Soul Kitchen" ist kein schlechter Film. Er ist nur ... Um mit Titeln des im Soundtrack omnipräsenten Jan Delay zu sprechen: zuviel "Wir Kinder vom Bahnhof Soul", zu wenig "Bambule".

Trackback URL:
https://bandschublade.twoday.net/stories/soul-kitchen/modTrackback

Aus der Bandschublade

Die Bandschublade war einmal ein Musikblog. Es ging um Bands, die mir einmal wichtig waren. Bands, die ich vergessen habe. Bands, die mir ein bisschen peinlich sind. Bands, zu denen ich grundsätzlich mal etwas sagen wollte. Bands, die ich heute immer noch gerne höre. Die Bandschublade ist heute: Ein Blog über alles und jedes. Ein Blog über Kunst und Kultur. Ein Blog über Politik. Ein Blog über das Leben in der Stadt. Ein Blog über mich und dich und uns. Und auch ein Musikblog, immer noch. Kommentare sind im Rahmen der üblichen Freundlichkeitsgepflogenheiten erwünscht, natürlich.

Der Autor

Falk Schreiber, Kulturredakteur, Hamburg / Kontakt: falk (dot) schreiber (at) gmx (dot) net / Mehr im Web: Xing, Facebook und Myspace

Aktuelle Beiträge

Nein, Liebste, das hat...
Manchmal, in langen Beziehungen, springt man zur Seite,...
zahnwart - 20. Jun, 17:37
Richtersprüche
Daniel Richter zieht um. Nun gut, es ist noch keine...
zahnwart - 19. Jun, 15:52
Bedways
Okay, Filme über Sex, das ist so eine Sache. Weil...
zahnwart - 14. Jun, 12:50
Wir Nazienkel
Politische Psychologie ist eine eigenartige Disziplin....
zahnwart - 11. Jun, 13:36
Eine kleine Geschichte...
Als dann klar war, dass Lena Meyer-Landrut den Eurovision...
zahnwart - 3. Jun, 21:30

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Status

Online seit 5608 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 20. Jun, 17:37

Credits