Türme

Länger überlegt, ob und wenn ja was ich zum Schweizer Minarett-Streit schreiben soll. Es ist nicht so, dass mich das Thema nicht bewegt, gleichzeitig kommt man schnell in Teufels Küche, wenn man diese emotionale Ebene in den Vordergrund stellt. Bleibt man allerdings wie der Spiegelfechter auf der abstrakten politischen Ebene, landet an schnell bei der demokratischen Legitimationsfrage, und dann geht es an keiner Stelle mehr um das eigentliche Thema, sondern gleichzeitig auch um Schulpolitik, Kohlekraftwerke und den Flughafen Tempelhof. Darüber will ich eigentlich gar nicht sprechen.

Ich versuche ein Gleichnis.

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Christen sind dumm, meiner unbedeutenden Meinung nach. Christen sind dumm, aber viele Christen sind trotzdem ganz in Ordnung, charakterlich. Wahrscheinlich sogar die meisten. Also dürfen die Christen von mir aus auch gerne ihren seltsamen Glauben praktizieren, solange sie ihn mir nicht aufdrängen.
Leider gibt es im Christentum kleine, radikale Minderheiten, Fundamentalisten, die ihren Glauben absolut setzen: Die Piusbrüder, die US-amerikanischen Evangelikalen, Opus Dei. Die stehen natürlich nicht fürs Christentum als Ganzes, aber das Christentum als Ganzes distanziert sich auch nicht ausreichend von solchen Gruppen.
Öffentlich sichtbare, repräsentative Kirchengebäude sind demnach nicht nur sakrale Orte, Orte des Gebets, sondern Manifestationen des politischen Einflusses radikaler christlicher Gruppierungen. Solchen Umtrieben muss Einhalt geboten werden: Kirchengebäude haben sich unauffällig in die Umgebung einzupassen, insbesondere die Türme müssen als überdeutlicher Eingriff ins Stadtbild weg. Das soll kein Angrif auf den praktizierten Glauben vieler friedlicher Christen sein: Jeder darf weiterhin glauben, was er will, nur benötigt man aus theologischer Sicht keinerlei repräsentative Bauten, um diesen Glauben zu leben. Im übrigen gibt es auch viele Länder, in denen Kirchen ohne Türme gebaut werden - und die dortigen Christen glauben ihren Quark dennoch genauso fromm wie die Christen in Oberammergau, Köln und Rom.

Aber: die Architektur?

Die geht natürlich verloren, klar. Und damit auch die Qualität von Oberammergau, Köln und Rom: dass ein Heide wie ich fröhlich Kirchen besichtigen kann, die Architektur genießen kann und trotzdem nicht gauben muss. Istanbul, Budapest und die Hamburger Außenalster: dass ein Heide wie ich fröhlich Moscheen, Synagogen und, von mir aus, Pagoden besichtigen kann und trotzdem nicht glauben muss.
Ich finde, ein Stadtbild gewinnt. Mit jeder Kirche, mit jeder Moschee, mit jedem originellen Gebäude, egal, welcher Blödsinn drinnen geglaubt wird. Der Volksentscheid gegen Minarette in der Schweiz ist keine Entscheidung gegen irgendeinen Glauben, er ist eine Entscheidung gegen architektonische Vielfalt. Er ist zum Kotzen.

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Aus der Bandschublade

Die Bandschublade war einmal ein Musikblog. Es ging um Bands, die mir einmal wichtig waren. Bands, die ich vergessen habe. Bands, die mir ein bisschen peinlich sind. Bands, zu denen ich grundsätzlich mal etwas sagen wollte. Bands, die ich heute immer noch gerne höre. Die Bandschublade ist heute: Ein Blog über alles und jedes. Ein Blog über Kunst und Kultur. Ein Blog über Politik. Ein Blog über das Leben in der Stadt. Ein Blog über mich und dich und uns. Und auch ein Musikblog, immer noch. Kommentare sind im Rahmen der üblichen Freundlichkeitsgepflogenheiten erwünscht, natürlich.

Der Autor

Falk Schreiber, Kulturredakteur, Hamburg / Kontakt: falk (dot) schreiber (at) gmx (dot) net / Mehr im Web: Xing, Facebook und Myspace

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