Was die Bandschublade nicht mehr sein will
Oh, Pop. Pop ist ja so richtig scheiße, die dümmste Art, sich mit Kultur auseinanderzusetzen. Pop ist: reiner Konsum, reine Unterhaltung, reiner Antiintellektualismus. Popkultur: gibt es nicht, ich meine, Kultur? Im Pop? Kultur baut auf Diskurs, Pop baut auf einen öden, aufgebauschten Geniekult. Kultur ist Leidenschaft, Subversion, Ausbruch, Devianz, Sex. Pop ist dagegen die ewige Wiederkehr des Immergleichen.
Pop ist reaktionär, demnach. Wegen seiner Sehnsucht nach Führerfiguren, wegen seiner Fetischisierung des Frontmanns, wegen seinem ungebrochenen Verhältnis zum Startum. Hierarchieschrott, immer und überall.
Hierarchieschrott, der die gesamte Szene durchdringt. Kein anderer Bereich der Kulturszene ist so schnell bereit, unliebsame Berichterstattung mit Liebesentzug zu bestrafen wie die Musikindustrie. Und Liebesentzug heißt im Pop: Anzeigenstornierung, Ignorieren von Interviewanfragen. Nach oben buckeln, nach unten treten, so wünschen sie sich die Welt.
Einspruch: Was du hier beschreibst, ist doch die alte Musikindustrie. Eine Industrie, die eigentlich schon völlig den Bach runter ist. Heute, in Zeiten von Home Recording und alternativen Vertriebswegen, sieht das doch ganz anders aus.
Ach, klar, das Arctic-Monkeys-Argument. Vier Freunde müsst ihr sein, dann ladet ihr eure selbst produzierten Songs auf Myspace hoch und werdet erfolgreich. Feld von hinten aufrollen, unter der bösen Industrie durchtauchen, die Produktionsmittel selbst in die Hand nehmen: So geht das. Emanzipatorisch. Bullshit.
Die Arctic Monkeys haben sich vor allem die Freiheit genommen, ihre Songs zunächst über die Plattform von Rupert Murdoch zu publizieren. Und über Murdoch ließe sich viel sagen, aber nicht, dass er nennenswert viel mit emanzipatorischer Politik am Hut hätte. Sehen so die alternativen Vertriebswege aus? Na toll.
Es ist doch kein Wunder, dass einer der wenigen verbliebenen Popmusiker, denen ich noch zuhöre, Tocotronis Dirk von Lowtzow, mit seiner Zweitband Phantom/Ghost mittlerweile überhaupt keinen Pop mehr macht, sondern ganz eigenartig verschachtelte Kammermusik, dunkellustige Lieder über Horrorfilme, Märchen und nicht klar definierte Sexualität. Pop dagegen ist reine Normierung. Pop geht es nicht um Verunsicherung, Pop geht es um eine ganz klare Positionierung: So hast du zu sein, so hast du auszusehen, so hast du zu denken. Punkt. Ist ja auch besser vermarktbar, so.
Denn: Pop ist Markt. Wenn man Pop wirklich verstehen will, dann muss man amerikanisch denken, das heißt, dass man alles vom Markt her denken muss. Demokratie? Hat sich am Markt zu bewähren. Subversion? Ist ein Marktsegment. Kritik am Markt ist okay, wenn es für diese Kritik einen Markt gibt. Pop kommt nicht aus dem Markt raus, dem Markt enthobene Strukturen wie Subventionen sind ihm zutiefst fremd.
Ich mag Pop nicht. Wenn Pop vor die Hunde geht (was manche glauben): besser heute als morgen. Nur glaube ich gar nicht daran, dass das wirklich passiert. Und deswegen bin ich erstmal raus. Ich bin im Museum, im Theater, in der subventionierten Welt. Ich bin im Bett, in der Welt der Berührungen. Ich bin im Freien, in der Natur. Ich bin weg, und, Pop? Geh sterben.
Musik, zum Abschied: Jeans Team, Das Zelt (2006).
Pop ist reaktionär, demnach. Wegen seiner Sehnsucht nach Führerfiguren, wegen seiner Fetischisierung des Frontmanns, wegen seinem ungebrochenen Verhältnis zum Startum. Hierarchieschrott, immer und überall.
Hierarchieschrott, der die gesamte Szene durchdringt. Kein anderer Bereich der Kulturszene ist so schnell bereit, unliebsame Berichterstattung mit Liebesentzug zu bestrafen wie die Musikindustrie. Und Liebesentzug heißt im Pop: Anzeigenstornierung, Ignorieren von Interviewanfragen. Nach oben buckeln, nach unten treten, so wünschen sie sich die Welt.
Einspruch: Was du hier beschreibst, ist doch die alte Musikindustrie. Eine Industrie, die eigentlich schon völlig den Bach runter ist. Heute, in Zeiten von Home Recording und alternativen Vertriebswegen, sieht das doch ganz anders aus.
Ach, klar, das Arctic-Monkeys-Argument. Vier Freunde müsst ihr sein, dann ladet ihr eure selbst produzierten Songs auf Myspace hoch und werdet erfolgreich. Feld von hinten aufrollen, unter der bösen Industrie durchtauchen, die Produktionsmittel selbst in die Hand nehmen: So geht das. Emanzipatorisch. Bullshit.
Die Arctic Monkeys haben sich vor allem die Freiheit genommen, ihre Songs zunächst über die Plattform von Rupert Murdoch zu publizieren. Und über Murdoch ließe sich viel sagen, aber nicht, dass er nennenswert viel mit emanzipatorischer Politik am Hut hätte. Sehen so die alternativen Vertriebswege aus? Na toll.
Es ist doch kein Wunder, dass einer der wenigen verbliebenen Popmusiker, denen ich noch zuhöre, Tocotronis Dirk von Lowtzow, mit seiner Zweitband Phantom/Ghost mittlerweile überhaupt keinen Pop mehr macht, sondern ganz eigenartig verschachtelte Kammermusik, dunkellustige Lieder über Horrorfilme, Märchen und nicht klar definierte Sexualität. Pop dagegen ist reine Normierung. Pop geht es nicht um Verunsicherung, Pop geht es um eine ganz klare Positionierung: So hast du zu sein, so hast du auszusehen, so hast du zu denken. Punkt. Ist ja auch besser vermarktbar, so.
Denn: Pop ist Markt. Wenn man Pop wirklich verstehen will, dann muss man amerikanisch denken, das heißt, dass man alles vom Markt her denken muss. Demokratie? Hat sich am Markt zu bewähren. Subversion? Ist ein Marktsegment. Kritik am Markt ist okay, wenn es für diese Kritik einen Markt gibt. Pop kommt nicht aus dem Markt raus, dem Markt enthobene Strukturen wie Subventionen sind ihm zutiefst fremd.
Ich mag Pop nicht. Wenn Pop vor die Hunde geht (was manche glauben): besser heute als morgen. Nur glaube ich gar nicht daran, dass das wirklich passiert. Und deswegen bin ich erstmal raus. Ich bin im Museum, im Theater, in der subventionierten Welt. Ich bin im Bett, in der Welt der Berührungen. Ich bin im Freien, in der Natur. Ich bin weg, und, Pop? Geh sterben.
Musik, zum Abschied: Jeans Team, Das Zelt (2006).
zahnwart - 3. Sep, 08:16