Hölle, Hölle, Hölle
Seit Nikolaus Bachler Intendant ist, geht die Bayerische Staatsoper München unter die Zeitschriftenmacher: Regelmäßig erscheint "Max Joseph", eine aufwändig gestaltete Kulturzeitschrift, die vor eineinhalb Jahren das eher konventionell gemachte Magazin "Takt" ersetzte. Für Vierfuffzich im gut sortierten Zeitschriftenhandel oder in der Staatsoper.
"Max Joseph" ist, soweit vorab, sehr, sehr gut. Eine sechsköpfige Redaktion macht monothematisches Feuilleton, vergleichbar vielleicht Oliver Gehrs' ebenfalls fast uneingeschränkt empfehlenswertem Magazin "Dummy". Um die Geschehnisse an der Oper geht es auch, am Rande, und bei der Auswahl des Überthemas. Das sieht dann so aus: Kommenden Monat feiert an der Staatsoper "Die Tragödie des Teufels" von Peter Eötvös Uraufführung, deswegen lautet das aktuelle Oberthema "Pfui Teufel!". Inhaltlich dürfen dann Münchner Promis (DJ Hell, Schlachthofbronx, Chris Decron) oder auch einfach zielgruppennahe Alltagsmenschen erzählen, wen oder was sie zum Teufel wünschen. "Die Tragödie des Teufels"-Librettist Albert Ostermeier und Torwartnervensäge Oliver Khan diskutieren über Hormondruck. Starfilmkritiker Georg Seeßlen schreibt über die Faszination des Satanischen im Kino. Und und und. Dazu: ein klares, verschwenderisches Layout und Fotos von Künstlern wie Erwin Olaf, Philipp Lachenmann oder Vee Speers.
"Max Joseph ist toll, einerseits, weil hier das schönste Kulturmagazin womöglich seit langem auf den Markt drängt, zielgenau und gleichzeitig abschweifend, barock und gleichzeitig klar, lustig und gleichzeitig tiefernst. Der gelungene Versuch, Hirnfutter zur lustvollen Angelegenheit zu machen.
Andererseits ist es aber auch ein kluger Schachzug der Staatsoper, ihre Zielgruppe zu erweitern, ohne die alten Besucher zu vergrätzen. Die typischen Leser, die mit Bild in der vorliegenden Ausgabe gezeigt werden, eine Goldschmiedin, ein Physikprofessor, eine Kunsthändlerin, sind vielleicht nicht die erste Garde der Opernbesucher. Aber diese erste Garde hätte auch nichts gegen eine Goldschmiedin, einen Physikprofessor oder eine Kunsthändlerin als Schwiegertöchter beziehungsweise -söhne (dieser Gedanke ist in München gar nicht so unwichtig). Zielgruppe als Netzwerk, nicht schlecht gedacht. Bekommt außer den Münchnern kein großes Opernhaus so klug hin, soweit ich weiß.
Und schließlich der Wermutstropfen. "Max Joseph" ist kein Werbeblättchen für die Staatsoper, wenn Opernthemen vorkommen, dann mittelbar. Oder weil eine Kulturzeitschrift mit Opernhintergrund ohnehin gut daran tut, einen Beitrag zu Peter Eötvös zu veröffentlichen. "Max Joseph" ist eine richtige Zeitschrift, die jeden Cent am Kiosk wert ist. Aber: Ist das das richtige Verständnis von Journalismus, wenn die Kulturschaffenden eigene Kulturzeitschriften auf den Markt werfen? Die Rolle des Journalisten als Kontrollinstanz derjenigen, über die er schreibt, ist im Kulturjournalismus ohnehin aufgeweicht, schon klar - aber muss das so offensichtlich passieren?
Und am Ende: Wie auf den Hund gekommen ist der Kulturjournalismus eigentlich gerade, wenn wir uns ausgerechnet von einem Opernhaus sagen lassen müssen, wie man es richtig macht?
"Max Joseph" ist, soweit vorab, sehr, sehr gut. Eine sechsköpfige Redaktion macht monothematisches Feuilleton, vergleichbar vielleicht Oliver Gehrs' ebenfalls fast uneingeschränkt empfehlenswertem Magazin "Dummy". Um die Geschehnisse an der Oper geht es auch, am Rande, und bei der Auswahl des Überthemas. Das sieht dann so aus: Kommenden Monat feiert an der Staatsoper "Die Tragödie des Teufels" von Peter Eötvös Uraufführung, deswegen lautet das aktuelle Oberthema "Pfui Teufel!". Inhaltlich dürfen dann Münchner Promis (DJ Hell, Schlachthofbronx, Chris Decron) oder auch einfach zielgruppennahe Alltagsmenschen erzählen, wen oder was sie zum Teufel wünschen. "Die Tragödie des Teufels"-Librettist Albert Ostermeier und Torwartnervensäge Oliver Khan diskutieren über Hormondruck. Starfilmkritiker Georg Seeßlen schreibt über die Faszination des Satanischen im Kino. Und und und. Dazu: ein klares, verschwenderisches Layout und Fotos von Künstlern wie Erwin Olaf, Philipp Lachenmann oder Vee Speers.
"Max Joseph ist toll, einerseits, weil hier das schönste Kulturmagazin womöglich seit langem auf den Markt drängt, zielgenau und gleichzeitig abschweifend, barock und gleichzeitig klar, lustig und gleichzeitig tiefernst. Der gelungene Versuch, Hirnfutter zur lustvollen Angelegenheit zu machen.
Andererseits ist es aber auch ein kluger Schachzug der Staatsoper, ihre Zielgruppe zu erweitern, ohne die alten Besucher zu vergrätzen. Die typischen Leser, die mit Bild in der vorliegenden Ausgabe gezeigt werden, eine Goldschmiedin, ein Physikprofessor, eine Kunsthändlerin, sind vielleicht nicht die erste Garde der Opernbesucher. Aber diese erste Garde hätte auch nichts gegen eine Goldschmiedin, einen Physikprofessor oder eine Kunsthändlerin als Schwiegertöchter beziehungsweise -söhne (dieser Gedanke ist in München gar nicht so unwichtig). Zielgruppe als Netzwerk, nicht schlecht gedacht. Bekommt außer den Münchnern kein großes Opernhaus so klug hin, soweit ich weiß.
Und schließlich der Wermutstropfen. "Max Joseph" ist kein Werbeblättchen für die Staatsoper, wenn Opernthemen vorkommen, dann mittelbar. Oder weil eine Kulturzeitschrift mit Opernhintergrund ohnehin gut daran tut, einen Beitrag zu Peter Eötvös zu veröffentlichen. "Max Joseph" ist eine richtige Zeitschrift, die jeden Cent am Kiosk wert ist. Aber: Ist das das richtige Verständnis von Journalismus, wenn die Kulturschaffenden eigene Kulturzeitschriften auf den Markt werfen? Die Rolle des Journalisten als Kontrollinstanz derjenigen, über die er schreibt, ist im Kulturjournalismus ohnehin aufgeweicht, schon klar - aber muss das so offensichtlich passieren?
Und am Ende: Wie auf den Hund gekommen ist der Kulturjournalismus eigentlich gerade, wenn wir uns ausgerechnet von einem Opernhaus sagen lassen müssen, wie man es richtig macht?
zahnwart - 27. Feb, 12:08