Trampolin und Pogostick
Joh! Hamburg!
Seid ihr gut drauf?
Wollt ihr mehr?
Und dann stürmen die Rapper die Bühne. Und dann machen sie das Publikum an. Und dann haben sie die Hände, und dann fragen sie das Publikum, wo das denn seine Hände habe, und dann hebt das Publikum die Hände. Und dann rappen Deichkind, "Aufstand im Schlaraffenland", einen ihrer großen Hits, den das Publikum auswendig kennt.
Und dann ist es still.
Richtig still. Keine Beats, keine Fanfaren, keine Raps. Der "Aufstand im Schlaraffenland" ist HipHop-Pantomime, es wird gebreakt, es wird gepogot, Trampoline kommen zum Einsatz und Pogosticks, aber der Sound ist weg.
Wollt ihr mehr?
"Deichkind in Müll", eine "Diskurs-Operette" der Hamburger HipHop-Elektro-Punk-Anarchos Deichkind auf Kampnagel, ist genau das, was der Untertitel verspricht: ein Diskurs (Form wie Inhalt werden im Moment des Entstehens hinterfragt und dekonstruiert) und eine Operette (es gibt Songs, ach was!, Hits. Heute gehen wir ins Maxim). Es geht um den sozialen Mikrokosmos Popgruppe, es geht um die Funktion von Popmusik im gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang, und es geht um die Hinterfragung des kulturellen Sonderfalls "Popkonzert". In dem Moment setzen die Beats aus, und die Pantomime übernimmt.
"Deichkind in Müll" baut auf ein nicht unproblematisches Konzept: Man muss ziemlich vertraut sein mit den Liveauftritten dieser Band, sonst versteht man die Anspielungen nicht, man weiß dann überhaupt nicht, welche Aktion bei "Deichkind in Müll" auf welche Aktion bei "Deichkind live" verweist. Gleichzeitig muss man hinter sich selbst zurücktreten können, muss verstehen, weswegen man als Publikum im einen Moment agitiert wird und weswegen diese Agitation im nächsten Moment als problematisch gebrandmarkt wird. Im Zweifel muss man sogar die Erkenntnis aushalten: Die da droben, auf der Bühne, die mögen mich gar nicht. Die finden mich richtig scheiße.
Natürlich finden sie uns gar nicht scheiße. Sie sind sich nur nicht sicher, ob unser Verhältnis wirklich das ist, was sie wollen, aber ganz verschrecken möchten sie uns auch nicht, also hauen sie noch ein paar Kracher raus: Arbeit nervt, Hört ihr die Signale?, Remmidemmi.
Versöhnt? Manche. Vor der Halle hört man, dass Deichkind Konzerte geben sollten, das könnten sie einfach am besten, Moira Lenz bemängelt in der taz die Selbstreferenzialität der Diskurs-Operette, Khuê bezeichnet sie im Elblog als langweilig. Ich bin: unterhalten. Bestätigt in meiner Skepsis wie in meiner Hassliebe zum Prinzip Popmusik. Ein wenig ratlos.
Auf jeden Fall war "Deichkind in Müll": die eigenartigste Sache, die ich seit langem auf einer Theaterbühne gesehen habe. Wertfrei.
Nachtrag: Ich verweise auf ein kurzes Interview, das ich mit Deichkind Henning Besser aka DJ Phono fürs aktuelle uMag geführt habe: "Gummitwist am Abgrund".
Seid ihr gut drauf?
Wollt ihr mehr?
Und dann stürmen die Rapper die Bühne. Und dann machen sie das Publikum an. Und dann haben sie die Hände, und dann fragen sie das Publikum, wo das denn seine Hände habe, und dann hebt das Publikum die Hände. Und dann rappen Deichkind, "Aufstand im Schlaraffenland", einen ihrer großen Hits, den das Publikum auswendig kennt.
Und dann ist es still.
Richtig still. Keine Beats, keine Fanfaren, keine Raps. Der "Aufstand im Schlaraffenland" ist HipHop-Pantomime, es wird gebreakt, es wird gepogot, Trampoline kommen zum Einsatz und Pogosticks, aber der Sound ist weg.
Wollt ihr mehr?
"Deichkind in Müll", eine "Diskurs-Operette" der Hamburger HipHop-Elektro-Punk-Anarchos Deichkind auf Kampnagel, ist genau das, was der Untertitel verspricht: ein Diskurs (Form wie Inhalt werden im Moment des Entstehens hinterfragt und dekonstruiert) und eine Operette (es gibt Songs, ach was!, Hits. Heute gehen wir ins Maxim). Es geht um den sozialen Mikrokosmos Popgruppe, es geht um die Funktion von Popmusik im gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang, und es geht um die Hinterfragung des kulturellen Sonderfalls "Popkonzert". In dem Moment setzen die Beats aus, und die Pantomime übernimmt.
"Deichkind in Müll" baut auf ein nicht unproblematisches Konzept: Man muss ziemlich vertraut sein mit den Liveauftritten dieser Band, sonst versteht man die Anspielungen nicht, man weiß dann überhaupt nicht, welche Aktion bei "Deichkind in Müll" auf welche Aktion bei "Deichkind live" verweist. Gleichzeitig muss man hinter sich selbst zurücktreten können, muss verstehen, weswegen man als Publikum im einen Moment agitiert wird und weswegen diese Agitation im nächsten Moment als problematisch gebrandmarkt wird. Im Zweifel muss man sogar die Erkenntnis aushalten: Die da droben, auf der Bühne, die mögen mich gar nicht. Die finden mich richtig scheiße.
Natürlich finden sie uns gar nicht scheiße. Sie sind sich nur nicht sicher, ob unser Verhältnis wirklich das ist, was sie wollen, aber ganz verschrecken möchten sie uns auch nicht, also hauen sie noch ein paar Kracher raus: Arbeit nervt, Hört ihr die Signale?, Remmidemmi.
Versöhnt? Manche. Vor der Halle hört man, dass Deichkind Konzerte geben sollten, das könnten sie einfach am besten, Moira Lenz bemängelt in der taz die Selbstreferenzialität der Diskurs-Operette, Khuê bezeichnet sie im Elblog als langweilig. Ich bin: unterhalten. Bestätigt in meiner Skepsis wie in meiner Hassliebe zum Prinzip Popmusik. Ein wenig ratlos.
Auf jeden Fall war "Deichkind in Müll": die eigenartigste Sache, die ich seit langem auf einer Theaterbühne gesehen habe. Wertfrei.
Nachtrag: Ich verweise auf ein kurzes Interview, das ich mit Deichkind Henning Besser aka DJ Phono fürs aktuelle uMag geführt habe: "Gummitwist am Abgrund".
zahnwart - 3. Mär, 21:44