Tricky

Tricky ist ein Guter. Einer, der mir elektronische Musik näher brachte, Rap, TripHop (obwohl Tricky, das muss ganz klar gesagt werden, nie, nie, nie TripHop machte). 1995, hatte ich in einem Tübinger Plattenladen mit liberaler Prelistening-Politik das erste Mal Gelegenheit "Maxinquaye" zu hören - schleppend, sexy, dunkel, cool. Ein Mann, eine Frau, noch etwas dahinter: So ähnlich mussten Serge Gainsbourgh und Jane Birkin gewirkt haben, damals. Eine Woche später eine kluge Besprechung in der Zeit (Ja! Guter Musikjournalismus ist wichtig!), kurz darauf gehörte mir die CD. Bis heute eine meiner liebsten.

Und vor allem: besser als das, was danach kam. Von Tricky lernen, hieß, zu akzeptieren, dass man auch dann ein Guter sein konnte, wenn man keinen Fuß mehr auf den Boden bekam. Obwohl, eigentlich war auf jeder Tricky-CD noch mindestens ein toller Song: "Poems" auf "Nearly God" (1995), "Christian Sands" auf "Pre-Millenium Tension" (1996), "Anti-Matter" auf "Vulnerable" (2003). Und daneben leider auch ziemlich viel bekifftes Kunstwollen, abgefuckte Langeweile, Props an falsche Freunde. Man kann wirklich nicht sagen, dass er es einem leicht gemacht hätte.

Auch seine jüngste Arbeit "Knowle West Boy" (2008) ist sicher kein Meisterwerk. Stellenweise Elektroblues, stellenweise ödester New Metal, stellenweise doch recht traditioneller HipHop. Macht Tricky HipHop? Ja, zumindest auf der inhaltlichen Ebene ist Council Estate (2008) eine Art britische Variante von Sidos "Mein Block". Wenn man davon absieht, dass Tricky die Seiten ganz klar benennt: Hier sind wir, diejenigen, die von der Gesellschaft ausgespuckt wurden, hier sind die Sozialwohnungsbewohner, Migranten, Schwule, Kleinkriminellen, Sprayer, Drogennutzer. Und dort sind die Bullen, die die Gesellschaft vor uns schützen sollen. Remember, boy, you're a superstar, das ist dann schon ein klein wenig was anderes als Sidos sozialdarwinistischer Schlagerrap.

Council Estate - Tricky

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Die Bandschublade war einmal ein Musikblog. Es ging um Bands, die mir einmal wichtig waren. Bands, die ich vergessen habe. Bands, die mir ein bisschen peinlich sind. Bands, zu denen ich grundsätzlich mal etwas sagen wollte. Bands, die ich heute immer noch gerne höre. Die Bandschublade ist heute: Ein Blog über alles und jedes. Ein Blog über Kunst und Kultur. Ein Blog über Politik. Ein Blog über das Leben in der Stadt. Ein Blog über mich und dich und uns. Und auch ein Musikblog, immer noch. Kommentare sind im Rahmen der üblichen Freundlichkeitsgepflogenheiten erwünscht, natürlich.

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Falk Schreiber, Kulturredakteur, Hamburg / Kontakt: falk (dot) schreiber (at) gmx (dot) net / Mehr im Web: Xing, Facebook und Myspace

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